German Council Magazin 03.2018 - page 23

GCM 3/2018
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GERMAN COUNCIL . AT-TRAC-TION
© Jamie McInall – pexels.com
drücken auf eine Aufgabe zu konzentrieren und
alles Unwesentliche drumherum auszublen-
den. Eine wichtige Erkenntnis ist auch, dass die
in Actiongames erlernten Fähigkeiten sich auf
reale Situationen übertragen lassen. Bavelier ist
deshalb sicher, dass dies für einen Vorteil in der
neuen Arbeitswelt sorgt: »Schließlich basiert so
gut wie alles, was wir im 21. Jahrhundert tun,
auf der Interaktion mit Computern.«
Mitarbeitermotivation dank
Videospiel
Die Businesswelt hat die positiven Effekte von
Videogames schon lange entdeckt und treibt
die Einführung spielerischer Elemente am Ar-
maßgeschneidertes Videogame ausgeben –
doch auch einfache Rätselspiele oder Simulatio-
nen können nach Ansicht von Edery und Mollick
die Produktivität erhöhen und gleichzeitig für
Spaß bei der Arbeit sorgen.
›Mit gewissen Spielen kann
man Zweitklässlern bei-
bringen, lineare Gleichun-
gen zu lösen.‹
Dominik Petko
Auch Dominik Petko, Medienpädagoge an der
Pädagogischen Hochschule Schwyz, beschäftigt
sich mit Serious Games. Er sieht in Lernspielen
großes Potenzial für Schule und Ausbildung:
»Es gibt sehr gut gemachte Spiele, mit denen
man zum Beispiel schon Zweitklässlern beibrin-
gen kann, lineare Gleichungen zu lösen.« Ande-
rerseits gäbe es auch sehr schlechte Spiele, die
gar nichts brächten. »Unsere Fragestellung ist
deshalb: Was sind Designprinzipien und -ele-
mente von wirksamen Spielen im Vergleich zu
solchen, die weniger wirksam sind.«
Soziale Kompetenz, ethische Werte
Eine weitere Anwendung von Serious Games
wird gerade an der Universität Zürich erprobt:
Dort soll das Spiel nicht Lerninhalte vermitteln,
sondern das ethische Bewusstsein formen.
»Ethikschulung in ihrer jetzigen Form ist, über-
spitzt gesagt, meistens etwas distanziert und
langweilig«, erklärt der Ethikforscher Markus
Christen. »Es sitzen Leute zusammen und disku-
tieren.« Zusammen mit Carmen Tanner und Kol-
legen hat er deshalb ein Serious Moral Game
entwickelt, das der Vermittlung ethischer Werte
in der Finanzbranche dienen soll.
In dem Spiel sind die Teilnehmenden beispiels-
weise als Beraterinnen und Berater in einem
großen Unternehmen unterwegs und kommen
dabei immer wieder in ethisch knifflige Situatio-
nen – etwa, was die Vertraulichkeit von Unterla-
gen betrifft. »Durch die Immersion in das Spiel
sollen die Spielerinnen und Spieler mehr über
sich als moralisch handelnde Person erfahren,
als wenn sie nur abstrakt reflektieren«, sagt
Christen. Er glaubt allerdings nicht, dass Spielen
allein ausreicht – wichtig sei es wahrscheinlich
auch, dass die Person später über ihr Verhalten
im Spiel nachdenkt. Ob diese Hypothese
stimmt, wird derzeit experimentell getestet.
Ebenfalls in Arbeit ist ein Serious Moral Game
beitsplatz voran – die sogenannte Gamification.
»Mehr lebenslange Spieler sind in die Arbeits-
welt eingestiegen; deshalb scheint die Idee, sie
mithilfe von Spielen zu schulen, nicht mehr so
merkwürdig«, schreiben die amerikanischen
Spiele-Entwickler David Edery und Ethan Mollick
in ihrem Buch über den Einsatz von Videoga-
mes in der Wirtschaft. Für sie stellt die Kombi-
nation von Arbeit und Spiel keinen Widerspruch
mehr dar: Speziell entwickelte Spiele – soge-
nannte Serious Games – sollen in Zukunft hel-
fen, Mitarbeitende zu schulen, Prozesse zu opti-
mieren und das Teamwork zu verbessern. Im
besten Fall können durch solche Spiele sogar
lästige Aufgaben Spaß machen. So berichten
Edery und Mollick von einem Unternehmen,
das eigens ein Spiel kreierte, um seine Mitarbei-
tenden zum Testen einer neuen Software-Versi-
on zu motivieren.
Einen Volltreffer landete die US Army mit ihrem
als First-Person-Shooter gestalteten Videogame
America’s Army, in dem die Spielenden die Aus-
bildung als US-Soldatin oder -Soldat durchlau-
fen und wirklichkeitsnahe Missionen erfüllen
müssen. Die Idee war, ein realistisches Bild der
Armee zu vermitteln und so geeignete neue Re-
krutinnen und Rekruten zu finden. Aufgrund
des großen Erfolgs dient es mittlerweile in ver-
schiedenen Versionen auch zu Schulungs- und
Übungszwecken. Zwar kann nicht jeder Betrieb
einen zweistelligen Millionenbetrag für ein
Auch im Flugsimulator haben Gamer die Nase vorn
© baranozdemir – istockphoto.com
Wer hätte das gedacht: Gaming trainiert die Sinne und wird inzwischen als Sport betrieben
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