German Council Magazin 03.2018 - page 15

GCM 3/2018

GERMAN COUNCIL . AT-TRAC-TION
und Pflanzen und haben die Kinder ständig
bei sich. Es ist eine Tätigkeit, die Geduld und
einen genauen Blick für die Details in der
Nähe erfordert. Den Männer hingegen kommt
der gefährlichere Part zu: Sie jagen Capreolus
priscus, den Vorläufer des heutigen Rehs,
stellen Hirschen und Elchen nach – und wa-
gen sich sogar an das riesige Mammut. Ist die
Beute erlegt, gilt es, das Fleisch so schnell wie
möglich in die Höhle zu bringen, bevor Wolf
oder Säbelzahntiger es ihnen entreißen.
Sammeln und Jagen in der Grossstadt
Zwar hat der Mensch seither längst Städte ge-
schaffen, die Weide- und Stallhaltung entwi-
ckelt, den Kühlschrank erfunden und ist sogar
bis zum Mond geflogen. »Doch die Fähigkei-
ten und Verhaltensweisen, die in der Steinzeit
wichtig für das Jagen und Sammeln waren,
kommen in unserer modernen Konsumgesell-
schaft weiter zum Vorschein«, sagt der Evolu-
tionspsychologe Daniel J. Kruger von der Uni-
versity of Michigan. So wie Frauen in grauer
Vorzeit sorgsam Strauch für Strauch und
Zweig für Zweig nach Beeren absuchten, stö-
bern sie auch heute beim Besuch eines Shop-
ping Centers in jedem Kleiderständer eines je-
den Geschäftes nach Stücken, die ihnen gefal-
len. Ebenso agieren Männer weiterhin im
Steinzeitmodus: Rein in den Laden, Mammut
erlegen – und schnell wieder raus. »Frauen
lieben es, lange einzukaufen, weil dieses Ver-
halten in ihren Genen verankert ist«, sagt Kru-
ger. »Männer hingegen hassen es, weil es ih-
ren Urinstinkten widerspricht, eine erlegte
Beute nicht schnell in Sicherheit zu bringen.«
Style Concierge im
»Mnner-Kindergarten«
Genau da setzt die »Man Cave« an. Sie bietet
die passende Höhle im modernen Großstadt-
dschungel, in der Männer sich und ihre Ein-
kaufsbeute in Sicherheit wissen, während ihre
Frauen draußen weiter fleißig sammeln. Das
Konzept ist so erfolgreich, dass es inzwischen
Nachahmer gefunden hat: Das Luxuskaufhaus
Harvey Nicols im noblen Londoner Viertel
Knightsbridge hat einen »Men’s Crèche« – ei-
nen Männer-Kindergarten – eingerichtet mit
Bar, Spielekonsolen und Billiardtischen. Auf
Beutezug müssen Männer gar nicht mehr
selbst gehen. Style Concierges stehen parat,
um ihnen Anzüge, Hemden, Hosen – oder
auch nur ein Polo-Shirt – in gewünschten Far-
ben und Größen aus der Herrenabteilung zu
holen, die sie dann in separat abgetrennten
Umkleidekabinen direkt im Crèche anprobie-
ren können.
Auch der Wiener Real-Estate-Konzern S Immo
hat seinem Bukarester Shopping Center Sun
Plaza eine »Men’s Cave« verpasst. Und im
© nilky – istockphoto.com
Global Harbor, mit 480.000 Quadratmetern
Verkaufsfläche verteilt auf sechs Etagen die
größte Mall in Shanghai, gibt es gleich vier
Zonen, in denen Männer in »Husband hat-
ches« – in Ehemann-Nestern – mit Computer-
spielen die Erde vor Aliens retten, als Geheim-
agent Feinde bekämpfen oder als Feldherr
siegreich Schlachten führen können, während
ihre Frauen den Saldo auf den Kreditkarten in
die Höhe treiben. Das Konzept komme bei
den Männern so gut an, berichtet He Huifeng,
Journalistin der englischsprachigen Tageszei-
tung South China Morning Post in Hongkong,
dass nun Frauen zuweilen quengeln müssten,
um ihre Partner wieder aus den Nestern her-
auszubekommen. »Manche Männer vertiefen
sich so sehr in die Computerspiele, dass sie
gar nicht mehr aufhören wollen.«
Mnner wollen Helden sein
Es ist kein Zufall, dass Männer von Computer-
spielen fasziniert sind, in denen es Abenteuer
zu bestehen gilt. »Männer wollen Helden
sein«, sagt Karin Lehmann, Präsidentin von
Karin Lehmann International, einem Coa-
ching-Unternehmen, das die gebürtige Deut-
sche in Kalifornien gegründet hat, um Mana-
ger von Konzernen wie Cisco, Sony oder Shell
»Mann und Frau bringen beim Einkaufen nur wenig Verständnis füreinander auf«
© Kzenon – fotolia.com
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