German Council Magazin 03.2018 - page 14

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GCM 3/2018
GERMAN COUNCIL . AT-TRAC-TION
Blondinen in sehr kurzen Röcken bringen das
Bier an die Tische. Drohnen fliegen gefüllte
Whiskey-Gläser heran. Auf einem vier Meter
breiten Flachbildschirm flimmern Fußballspiele.
Auf Carrera-Rennstrecken können Besucher mit
Modellautos ihre Fahrkünste und an Dart-Tafeln
ihre Treffsicherheit miteinander messen. Über-
schüssige Kraft kann am Punching-Ball oder bei
Klimmzügen abgelassen werden. Das »Man
Cave« ist ein Ort, in dem der moderne Mann
jene Instinkte ausleben kann, die rudimentäre
Gene aus der frühen Vorzeit zuweilen in ihm
wecken. »Voor echte mannen« – für echte Kerle
– prangt in breiten Lettern über der Tür. Und
das nicht etwa in einer Bar irgendwo im Rot-
licht-Bezirk einer Metropole. Die »Männer-Höh-
le« liegt vielmehr im Hoog Cathrijne – dem
100.000 Quadratmeter messenden Shopping
Center im Herzen des mittelalterlich anmuten-
den Utrechts.
anders geworden. »Die Männer haben dort
nun einen Ort, an dem sie sich wohlfühlen«,
sagt Creutzburg.
Kerle in den Hhlen,
Frauen in den Shops
Das wissen nicht nur Unternehmen zu schät-
zen, die die »Höhle« als Präsentationsfläche
mieten. Sony stellt regelmäßig neue Spiele für
die Play Station vor, Tesla zeigt seine »Stro-
mer« und dank dem japanischen Edel-Elektro-
werkzeughersteller Makita lässt sich die Kraft
von Schlagbohrmaschinen auf Betonklötzen
spüren. Seit ihre Gatten mit immer neuen At-
traktionen unterhalten werden, haben Frauen
genügend Zeit, um in Ruhe zu stöbern. Das
freut auch die Center-Mieter: Sie profitieren
von der geschlechterspezifischen Trennung
durch steigende Umsätze.
»Mann und Frau bringen beim Einkaufen nur
wenig Verständnis füreinander auf«, sagt Pro-
fessor Willy Schneider, Leiter des Steinbeis­
transferzentrums für Marktforschung und
Marketing-Kompetenz in Heidelberg und Stu-
diengangsleiter Handel an der Dualen Hoch-
schule Baden-Württemberg in Mannheim.
»Frauen sind Sammlerinnen, Männer hinge-
gen Jäger«, sagt der Autor des im Südwest-
Verlag erschienen E-Fachbuches »Zur Kasse,
Schnäppchen.«
Der Grund dafür liegt in speziellen, mehr als
30.000 Jahre alten Prägungen in den Hirnare-
alen. In dieser Zeit, als Menschen noch in
Höhlen leben und täglich um ihr Dasein rin-
gen müssen, entstehen Verhaltensstrukturen,
die uns auch heute noch beeinflussen. Die
Evolution erzwingt zu jener Zeit eine Arbeits-
teilung unter den Geschlechtern. Frauen müs-
sen den Babys die Brust geben. Deshalb über-
nehmen sie bei der Nahrungsbeschaffung
den ungefährlichen Teil. Sie sammeln Beeren
REIN IN DEN LADEN, MAMMUT ERLEGEN –
SCHNELL WIEDER RAUS
Frauen und Männer ticken unterschiedlich. Daran hat sich seit Jahrtausenden nichts geändert.
Was Frauen gefällt, nervt Männer – und umgekehrt. Der Samstagsbummel durch die Geschäfte
gehört für die meisten männlichen Partner zu den schlimmsten Belastungsproben ihrer Beziehung.
Muss aber nicht sein. Immer mehr Einkaufscenter stellen sich auf die Bedürfnisse ihrer nicht-
shopping-affinen Kunden ein: »Man Cave´s« ist die Antwort auf das Männer-Genörgel – und
nur was für richtige Kerle
Vor vier Jahren hat der französische Klépierre-
Konzern, Betreiber von 150 Einkaufszentren
in 16 europäischen Ländern, in seiner Mall in
der viertgrößten niederländischen Stadt ei-
nen unorthodoxen Versuch gestartet, um die
Umsätze in die Höhe zu treiben: Männer sol-
len dazu bewegt werden, mehr Geld in den
Konsumtempeln zu lassen – vor allem aber
sollen sie ihre Frauen nicht nerven, wenn die-
se ausgiebig in den Center-Geschäften die
Kassen klingen lassen wollen.
»Bislang verbringen die meisten Männer ihre
Zeit in Einkaufszentren damit, gelangweilt zu
warten, bis ihre Frau ihre Einkäufe erledigt
hat«, sagt Ingarmar Creutzburg, der das Höh-
lenkonzept bei Klépierre erarbeitet hat. Und
immer wieder nörgeln sie, dass sich die Da-
men ihrer Herzen doch bitte beeilen mögen.
Mit der »Man Cave« sei das im Hoog Cathrijne
© estt – istockphoto.com
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