German Council Magazin 03.2018 - page 71

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noch größere Bedeutung bekommen als es be-
reits jetzt der Fall ist. Denn die Einzelhandelsim-
mobilie verliert als reiner Absatzweg an Bedeu-
tung, weil mit dem wachsenden Online-Handel
ein zunehmend starker alternativer Absatzweg
zur Verfügung steht. Demgegenüber steigt die
Bedeutung als Präsentationsfläche.
Neue kaufmnnische und rechtliche
Instrumente schaffen
Für die praktische Umsetzung dürften neue
kaufmännische und rechtliche Instrumente er-
forderlich werden. Um den Werbeeffekt des Ein-
zelhandelsstandorts für den Online-Handel be-
preisen zu können, müssen allseits akzeptierte
Instrumente etabliert werden, um diese Effekte
zu messen. Wie das funktionieren kann, wird
man möglicherweise der Werbewirtschaft ent-
lehnen können, die vergleichbare Probleme der
Mehrwertbemessung ihrer Leistung seit jeher
hat. Ein Ansatz könnte möglicherweise auch aus
Reichweite, Frequenz und regionaler Kaufkraft
abgeleitet werden.
Derartige Instrumente müssen in breit akzeptier-
te vertragliche Regelungen umgesetzt werden,
gen dürften zu neuen Anforderungen an die Fi-
nanzierung führen.
Architektonische Leuchtturmprojekte sind teurer
und erfordern in der Regel längere Finanzie-
rungszyklen. »Unproduktive Flächen« zur Stei-
gerung der Aufenthaltsqualität müssen über an-
derweitige Erträge refinanziert werden. Das gilt
in Abstufungen auch für die Gastronomie und
andere ergänzende Angebote und Dienstleistun-
gen, die nicht im gleichen Maße wie der Einzel-
handel vom Online-Geschäft profitieren können.
Die derzeitige Forderung nach kürzeren Miet-
laufzeiten bergen zusätzliche Herausforderun-
gen für die Finanzierung. Bei gleichzeitig stei-
genden Anforderungen an Architektur und Aus-
stattung birgt dieser Ansatz höhere Erfordernis-
se an die Eigenkapitalausstattung und ein höhe-
res Risikoprofil, das sich mittelfristig nur mit
deutlich höheren Mieten abbilden lassen dürfte.
Lage, Lage, Lage!
Wenn das Ziel einer Anmietung neben dem Ver-
kauf zunehmend Repräsentation der Marke in
der realen Welt wird, dürfte der Standort eine
die praktikable und effiziente Vertragsschlüsse
ermöglichen. Zum Beispiel wird man die stand-
ortabhängigen Umsatzmietklauseln durch Klau-
seln ergänzen müssen, die den Mehrwert der
Funktionserweiterung für beide Parteien sinn-
voll abbilden.
�ffentliches Planungsrecht anpassen
Das derzeitige öffentliche Planungsrecht ist auf
»sortenreinen« Einzelhandel im Sinne klassi-
scher Verkaufsflächen ausgerichtet. Es zielt da-
bei auf die Restriktion der Verkaufsflächengrö-
ßen und Sortimente und zusätzlich auf die Be-
grenzung attraktivitätssteigernder ergänzender
Angebote, um zentrenschädliche Auswirkungen
zu vermeiden. In Zeiten des stark wachsenden
Online-Handels droht diese Ausrichtung unter-
laufen zu werden. Die derzeitige Ausrichtung
des Planungsrechts steht der durch den Online-
Handel bedingten Funktionserweiterung für
Handelsimmobilien diametral entgegen, denn
Präsentationsfläche braucht voraussichtlich
mehr Platz als reine Verkaufsräume und mehr
ergänzende Angebote, um Erlebniswelten
schaffen zu können. Da der Online-Handel diese
Funktionserweiterung zur Stabilisierung der
Zentren voraussichtlich erforderlich macht, er-
scheint es geboten, die öffentlich rechtlichen
Restriktionen frühzeitig neu zu fassen, wenn die
bisherigen Regeln den Zentren nicht massiv
schaden sollen.
Neue Anforderungen an die
Zusammenarbeit von Vermietern
und Mietern
Die Funktionserweiterung der Handelsimmobi-
lie zum Repräsentationsstandort für den Online-
Handel schafft neue Anforderungen an die Zu-
sammenarbeit von Vermietern und Mietern.
Möglicherweise können neben der Fortentwick-
lung der Mietverträge auch neuartige Formen
der Zusammenarbeit zwischen Vermietern und
Mietern jenseits des Mietvertrags geschaffen
werden, um diesen Anforderungen gerecht zu
werden. Unter anderem kommen relativ kurz-
fristige »Repräsentationsaufträge« (vergleich-
bar etwa mit einer Werbekampagne) oder lang-
fristige, standortübergreifende Kooperationen
in Betracht, mit dem Ziel, den Gesamtumsatz
des Mieters online und offline und zugleich die
Mieterträge zu steigern.
Ein Gastbeitrag von
Niklas Langguth,
Langguth & Burbulla Rechtsanwälte PartG mbB
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