Page 13 - German Council Magazin 02.2021
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GERMAN COUNCIL . HANDEL
Was die Euro-Währungshüter zögern
lässt: Die Mehrheit der Mitglieder im
EZB-Direktorium werten den starken
Anstieg der Teuerung als »externen
Schock«, hervorgerufen durch die rasche © Barry Iverson / Alamy Stock Foto
Erholung der globalen Konjunktur nach
deren tiefem Einbruch zu Beginn der Co-
rona-Pandemie. Mit dem harten Lock-
down in China reißen vor zwei Jahren
die weltweiten Lieferketten. Als in Euro-
pa und Nordamerika die Wirtschaft im
vergangenen Jahr mit Macht wieder
Fahrt aufnimmt, können Schifffahrts-
konzerne die auf Reede liegenden Frach-
ter nicht so schnell wieder flott bekom-
men, wie der Bedarf an Transportkapazi-
täten zunimmt. Ölförderstellen, im Jahr
zuvor aufgrund des drastisch gesunkenen
Bedarfs geschlossen, müssen erst wieder
in Betrieb genommen werden. Container,
in der Rezession des Jahres 2020 an di-
versen Orte der Welt gelagert, müssen
nun erst dorthin gebracht werden, wo Im März 2021 blockierte das Containerschiff »Ever Given« den Suez-Kanal in Ägypten ganze sechs Tage. In dieser
die Warenproduktion erfolgt. kurzen Zeit verursachte es einen Rückstau von 420 Schiffen am Chokepoint und verursachte einen Verlust, der
auf bis zu zehn Milliarden US-Dollar geschätzt wird. Das verschärfte die ohnehin schon angespannte Lage
Das bekommen auch Unternehmen in der weltweiten Handelsströme und Liefernetzwerke
der Exportnation Deutschland massiv zu
spüren. Die Frachtraten explodieren,
Vorprodukte und Rohstoffe kommen Deutschen Industrie (BDI), im vergange- Stiftung Wissenschaft und Politik in Ber-
nur mit Verzögerung ins Land, Aus- nen Herbst. lin. »Sie verschärfte auch die ohnehin
fuhren verteuern und verzögern sich. schon angespannte Lage der weltweiten
»Probleme in globalen Lieferketten und Das Risiko-Barometer des Versiche- Handelsströme und Liefernetzwerke.«
hohe Logistikkosten verdunkeln den rungskonzerns Allianz bewertet im ver-
Konjunkturhimmel und haben in der gangenen Jahr die Gefahren durch die ge- Sorge um Stabilität der Eurozone
Folge massive Auswirkungen auf die Ex- rissenen Lieferketten für die deutsche
porte«, bilanziert Joachim Lang, Haupt- Wirtschaft mit 50 Prozent deutlich höher Was die EZB zudem vor einem Zins-
geschäftsführer des Bundesverbandes der als jene durch die Pandemie selbst, die schritt zögern lässt, ist die Sorge um die
bei 35 Prozent verortet werden. Stabilität der Eurozone. Im Verlauf der
Pandemie steigt die Staatsverschuldung
Verschärft wird die Lage noch im Früh- deutlich, weil Regierungen mit milliar-
jahr 2021 als am 23. März das Contai- denschweren Zuschüssen und Kurzarbei-
nerschiff »Ever Given« im Suezkanal tergeld Unternehmen während der Lock-
durch starken Wind an der Uferböschung downs massiv unter die Arme greifen.
aufläuft und die wichtige Frachtroute Zwar bleiben so die Arbeitslosenraten
sechs Tage lang blockiert. Mehr als niedrig. Die Staaten haben jedoch deut-
20.000 Schiffe bringen Jahr für Jahr Wa- lich höhere Verbindlichkeiten als vor dem
ren von Fernost über den 164 Kilometer Seuchenzug.
langen Kanal nach Europa, mehr als
zwölf Prozent des globalen Seehandels Allein in Deutschland, dem Wirtschafts-
verlaufen durch das Nadelöhr. »Die Blo- motor der gemeinsamen Währungszone,
ckade des Suezkanals durch die ›Ever Gi- steigt die Schuldenlast von Bund, Glied-
ven‹ verursachte nicht nur einen Verlust, staaten und Kommunen in den ersten
der für die gesamte Dauer der Havarie beiden Jahren der Pandemie um weitere
auf bis zu zehn Milliarden US-Dollar ge- 384,8 Milliarden Euro auf 69,3 Prozent
»Die Inflation ist viel zu hoch.« Jerome Powell, schätzt wird«, sagt Professor Günther des Bruttoinlandsprodukts, des Gesamt-
Präsident der Federal Reserve Bank Maihold, stellvertretender Direktor der werts aller erzeugten Güter, Waren und
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