Page 14 - German Council Magazin 02.2021
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GERMAN COUNCIL . HANDEL
Dienstleistungen. In Frankreich addiert bei 1,5 Prozent und in Japan gar nur bei
sich die Staatsverschuldung zu Beginn 0,8 Prozent.
dieses Jahres gar auf 116 Prozent, in Itali-
ens sogar auf 155,3 Prozent des Bruttoin- Die Ökonomin Monika Schnitzer von
landsprodukts. der Ludwig-Maximilians-Universität in
München, seit 2020 Mitglied des Sach-
»Der Krieg in der Ukraine treibt die Euro- verständigenrats zur Begutachtung der
Staaten nun noch tiefer in die Kreide«, gesamtwirtschaftlichen Entwicklung und
sagt Bernhard Köhler, CEO der Immobili- damit eine der fünf Wirtschaftsweisen im
eninvestment-Beratungsgesellschaft Swiss- Land, fordert dennoch eine Leitzinserhö-
lake Capital. »Zum einen versorgen sie hung der EZB. »Wenn jeder davon aus-
Millionen Flüchtlinge aus der Ukraine, geht, dass die Inflation immer schlimmer
zum anderen bewaffnen sie das Land und wird, ist die Wirtschaft massiv verunsi-
rüsten selbst auf.« Bundeskanzler Olaf »Der Krieg in der Ukraine treibt die Euro-Staaten nun chert.« Reagieren Gewerkschaften mit
Scholz pumpt 100 Milliarden Euro in die noch tiefer in die Kreide.« Bernhard Köhler, CEO, massiven Forderungen nach Gehaltser-
Bundeswehr. Italiens Ministerpräsident Swisslake Capital höhungen, könne eine gefährliche Lohn-
Mario Draghi hat die jährlichen Militär- Preis-Spirale in Gang gesetzt werden.
ausgaben von 1,4 auf 2 Prozent des Brut-
toinlandsprodukts angehoben, was in die- nager von Banken und Finanzdienstleis- Deutscher Modehandel legt
sem Jahr zusätzlichen Ausgaben von 12 tern, die mit der Vergabe und Abwicklung beim Umsatz zu
Milliarden Euro entspricht. Auch Belgien, von Immobilienkrediten für institutionel-
Dänemark, Frankreich, Griechenland und le Investoren betraut sind, »steigende Fi- Derzeit sieht es jedoch eher so aus, als
die Niederlande wollen mehr Kapital in nanzierungskosten«, sagt Manuel Köp- würden sich Europas Verbraucher eher
ihr Militär stecken. pel, CFO der BF.direkt. »Der Anteil der im Konsum beschränken und nicht nach
Experten, der weiterhin stagnierende höheren Löhnen rufen – was den Handel
Teuerung in den USA stärker Kosten sieht, ist zwar um ein Viertel ge- vor Probleme stellt. Bereits im vierten
als in Europa sunken«, habe aber noch immer 56 Pro- Quartal vergangenen Jahres, als die In-
zent betragen. flation erstmals seit vier Jahrzehnten wie-
Hebt die EZB die Leitzinsen an, müssten der ihr hässliches Haupt regte, bekam
die Länder der Eurozone deutlich mehr Das liegt auch daran, dass die Inflation der Modehandel dies zu spüren. »In der
Geld für Zins und Tilgung ihrer Staats- sich vornehmlich im Dollarraum ausbrei- Summe lagen die monatlichen Umsätze
anleihen aufbringen. Angesichts der ho- tet und von dort bislang nur in die Euro- in Europa im letzten Drei-Monatszeit-
hen Schuldenlast Italiens könnten gar zone überschwappt. Denn die wesentli- raum 2021 noch immer mehr als 10 zehn
neue Ängste vor einer Staatspleite die Fi- chen Preistreiber – Gas, Öl und Agrarroh- Prozent beziehungsweise 1,7 Milliarden
nanzmärkte erschüttern. Vor einem stoffe wie Weizen – werden weltweit in Euro unter dem Niveau von 2019«, bi-
»schwierigen Spagat« sieht Thomas Ro- der US-Währung gehandelt. Und gerade lanziert Aurélien Duthoit, Branchenex-
mig, Leiter Portfolio Management beim diese Güter sind aufgrund der Verknap-
Luxemburger Asset Manager Assena- pung durch den Ukraine-Krieg noch teu-
gon, die Euro-Zentralbanker. »Die Wäh- rer geworden. Das Land am Schwarzen
rungshüter wollen keinesfalls den wirt- Meer ist der größte Weizenproduzent der © BF.direkt AG
schaftlichen Aufschwung abwürgen und Welt. Das Londoner Research-Unterneh-
die teils hochverschuldeten Länder der men Capital Economics erwartet, dass der
Eurozone durch höhere Zinsen belas- Ölpreis in diesem Jahr im Durchschnitt
ten.« Deshalb müsse die EZB zugleich etwa 55 Prozent oberhalb der Werte von
»die Zinsen niedrig halten und gleichzei- 2021 liegen und der Gaspreis in Europa
tig glaubwürdig kommunizieren, Preis- sogar um rund 140 Prozent anziehen
stabilität gemäß ihrem Mandat zu ge- wird. Für Weizen prognostizieren die bri-
währleisten«, sagt Romig. tischen Ökonomen einen Preisanstieg von
etwa 40 Prozent.
Deshalb rechnen längst nicht alle Banken
in der Eurozone mit mit einer Anhebung Deshalb fällt in den USA die Teuerung
der Leitzinsen in den kommenden Mona- um 100 Basispunkte stärker aus als in
ten. Dies zeigt das jüngste Stimmungsba- der Eurozone, während andere Wäh-
rometer des Stuttgarter Finanzierungsbe- rungsräume bislang kaum betroffen sind. »Nur 40 von 100 befragten Bankmanagern erwarten
raters BF.direkt. Danach erwarteten Mit- In der Schweiz notiert die Inflation im steigende Finanzierungskosten bei gewerblichen
te Februar nur 40 der 100 befragten Ma- März bei lediglich 2,4 Prozent, in China Immobilienkrediten.« Manuel Köppel, CFO, BF.direkt
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