Page 14 - German Council Magazin 01.2019
P. 14
GERMAN COUNCIL . TRENDS
© SeventyFour – istockphoto.com als 85-jährige. Wer frisch in die Rente ge-
gangen ist, plant gerne weite Reisen, kleidet
sich stylisch und erfüllt sich häufig endlich
den Traum vom Sportwagen. Laut einer Stu-
die des CAR-Instituts der Universität Duis-
burg-Essen weisen Porsche-Käufer mit 56,1
Jahren das höchste Durchschnittsalter un-
ter den Neufahrzeugerwerbern in Deutsch-
land auf. »Der Porsche-Neuwagen ist eher
etwas für Opis«, scherzt Studienautor Ferdi-
nand Dudenhöfer.
Auch für den Sportartikel-Handel werden Se-
nioren zu einer immer wichtigeren Kunden-
gruppe. Immer mehr Ältere laufen Mara-
thons und werden dabei auch noch immer
schneller: Laut einer Studie der Université de
Bourgogne im französischen Djion hat sich
die Durchschnittszeit der Über-64-jährigen
auf den 42,195 Kilometer langen Wettkampf-
strecken in Europa binnen neun Jahren um
sieben Minuten verringert.
Grössere Lettern,
weniger violettes Haar
Was aber weder Joggingschuhe noch Sport-
chen Handicaps so komfortabel und ange- nachfrage meist deutlich geringer als wenn wagen aus Zuffenhausen korrigieren kön-
nehm wie möglich sein soll«, sagt Hertel. ein neutraler Begriff gewählt wird. Professo- nen, sind die körperlichen Beeinträchtigun-
rin Ulla Meister, Prorektorin für Hochschul- gen, die das Alter mit sich bringt. »Mit der
IHK-Betriebsberater Petermann hält die neut- marketing an der Hochschule Mittweida, Zahl an Lebensjahren schreitet kontinuier-
rale Bezeichnung für eine gute Wahl: »Jeder warnt deshalb davor, den Begriff »Alter« allein lich eine gelbliche Eintrübung der Augenlinse
will alt werden, aber niemand will alt sein.« mit »Umschreibungen wie Unbeweglichkeit voran«, sagt Ergonom Moll. »Dadurch wird
Senioren würden sich häufig daran stören, und Abhängigkeit« zu verbinden oder alte es immer schwerer, Farbkontraste zu unter-
wenn Produkte oder Zertifizierungen den Be- Menschen in einer festumrissenen Zielgrup- scheiden.« Irgendwann nach dem 55. Le-
griff »altersgerecht« enthalten. Ein Beispiel pe zu verorten: »Tatsache ist, dass Lifestyle- bensjahr ist es deshalb immer schwieriger
dafür sind Handys mit großen Displays und Konsumenten älter werden, und dass sie kei- Grün und Blau sowie Weiß und Gelb ausein-
Tastaturen. Werden solche Geräte in Elektro- neswegs damit aufhören, zu konsumieren.« anderzuhalten.
nikgeschäften unter der Bezeichnung Senio-
ren-Mobiltelefon beworben, ist die Kunden- Fitte Alte fahren Porsche Dass viele ältere Frauen jahrelang violett ge-
tönte Haare getragen haben, sei nicht unbe-
Marketingstrategen haben in der Vergan- dingt ein Modetrend gewesen, sagt Peter-
genheit immer wieder versucht, ältere Men- mann. »Eigentlich wollten sich diese Frauen
schen als eine Konsumentengruppe zu defi-
die Haare rot oder braun tönen.« Es sei ihnen
© kali9 – istockphoto.com nieren. Bei der Namensfindung sprühen die jedoch beim Einkauf im Drogeriemarkt
Werber nur so vor Energie. Mal werden Seni-
schwer gefallen, die auf den Verpackungen
oren als »Neue Alte« tituliert, mal »Silver
abgedruckten Farben zu unterscheiden.
»Seit immer mehr Hersteller den jeweiligen
Ager« getauft. »Future Seniors«, »Generati-
on 55plus« und »Woopies« – Well Off Older
bar auf die Verpackung drucken, ist die Zahl
People – lauten einige weitere Begriffe. Für Farbton zusätzlich in großen Lettern klar les-
den Schweizer Marketingforscher Fried- der älteren Damen mit violetten Haaren im
helm Lammoth ist das schlichtweg Unsinn: Straßenbild wieder deutlich zurückgegan-
»Die Vorstellung, die Menschen jenseits der gen«, so Petermann.
Fünfzig würden allein wegen ihres gemein-
samen kalendarischen Alters eine einheitli- Zwar können Einzelhändler keinen Einfluss
che Zielgruppe bilden, ist ein Denkfehler.« auf die Gestaltung von Verpackungen neh-
65-jährige hätten ganz andere Interessen men. Sie könnten aber in ihren Geschäften
12 GCM 1 / 2019