German Council Magazin 03.2018 - page 86

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auch das Mediationsergebnis in dieser Form
möglich.
Das bedeutet, dass der Bürger nicht über das
»Ob« der öffentlichen Planung mitentscheidet,
wohl aber durch Teilnahme an einer Mediation
auf das »Wie« der Planung Einfluss nehmen
kann, indem er zur verfeinerten Aufbereitung
des Abwägungsmaterials beiträgt oder gar neue
Ideen beibringt, die in die Planung integriert
werden können und zu einem besseren Pla-
nungsergebnis führen. Das Mediationsergebnis
entfaltet tatsächliche Wirkungen, weil es in den
Entscheidungsprozess der Gemeinden einfließt.
Chancen fr das Bebauungsplan-
verfahren durch eine Mediation
Die Durchführung einer Mediation hat für das
Bauleitplanverfahren den Vorteil, dass die Inter-
essen von Politik, Verwaltung, Wirtschaft und
von Bürgern zum Ausgleich gebracht werden
können und dass vielfältige Chancen bestehen:
• Tiefes Ausloten der Interessen
• Strukturierung der Interessen und Interes-
senoptimierung
• Minimierung von Differenzen
• Transparenter Entscheidungsprozess durch
Austausch von fachlichen, persönlichen und
politischen Informationen
• Verbesserung der Basis für den Abwägungs-
vorgang bei der Bauleitplanung und dadurch
Verbesserung der Planungsqualität
• Möglichkeit einer Konsensentscheidung oder
Teilkonsensentscheidung
• Beruhigung von Emotionen; Beseitigung von
wechselseitigen Vorurteilen durch direkte
Kommunikation: Deeskalation
• Kein Überstülpen von politischen Entschei-
dungen
• Höhere Akzeptanz des Plans durch Beteili-
gung der Bürger
• Erhalt des sozialen Friedens durch konstrukti-
ve Streitkultur
• Reduzierung des Zeit- und Kostenrisikos auf-
grund von Bürgerprotesten
• Reduzierung der Gefahr eines jahrelangen
Rechtsstreits mit unsicherem Ausgang
• Nachhaltigkeit von gemeinsamen Lösungen;
besseres gesellschaftliches Klima
• etc.
Vorgehensweise vor der Mediation
Vor der Mediation ist zunächst festzustellen, wer
Auftraggeber der Mediation sein soll, ob dies die
Gemeinde oder der Investor oder möglicherwei-
se beide sein sollen. Da der Investor in der Regel
der wirtschaftlich Begünstigte einer erfolgrei-
nacheinander ihre Themen vorstellen und da­
raus eine Gesamtthemenliste erstellen, um die
Themen nacheinander abzuarbeiten. Hier findet
Aufklärungsarbeit statt, Argumente werden aus-
getauscht, Bedenken ausgeräumt, weitere Infor-
mationen übermittelt, Bedürfnisse sichtbar ge-
macht, Gutachter befragt. An dieser Stelle haben
alle von der Planung Betroffenen über die Reprä-
sentanten ihrer Interessen die Möglichkeit, Ver-
ständnis zu wecken. Es geht nicht nur darum,
Ansprüche zu stellen, sondern auch das dahin-
terliegende »Warum« aufzudecken. Nach Rück-
koppelung mit den Arbeitsgruppen schließt sich
daran eine gemeinsame Lösungsfindung im zen-
tralen Gremium an, die schließlich in eine Media-
tionsvereinbarung mündet.
Umgang mit einer Brgerinitiative
oder mit »schwierigen« Brgern
Es ist schon zur Gewohnheit geworden, dass Bür-
gerbeteiligungen, die anlässlich der Planung von
Großprojekten stattfinden, von Bürgerinitiativen
beherrscht werden, die die Ziele der Planung in
einem öffentlich sichtbaren Prozess unterlaufen
wollen. Einer Bürgerinitiative sollte genügend
Raum gegeben werden, sich ausführlich zu prä-
sentieren und ihre Standpunkte klarzumachen.
Ihr muss klar werden, dass eine Mediation für sie
eine Chance ist, in der »Beteiligungspotenzial«
steckt. Dasselbe gilt für Wutbürger, deren hohe
Emotionen in einer Mediation transformiert wer-
den können, indem Raum für Ideen zur Mitge-
staltung gegeben wird oder indem konstruktive
Mitwirkung anerkannt wird, wie zum Beispiel in
einer Ideenwerkstatt.
Fazit
Damit Kontroversen während der Bauleitpla-
nung nicht zu Zweifeln der Bürgerinnen und Bür-
ger an der Fähigkeit von Politik, Verwaltung und
Wirtschaft führen, ist es sinnvoll, gegensätzliche
Auffassungen zu einem Projekt frühzeitig aufzu-
decken und Voraussetzungen zu schaffen, dass
die von der Planung Betroffenen mit der Projekt-
idee unter Berücksichtigung des Gemeinwohls
einverstanden sein und die Projekte realisiert
werden können. Dazu bietet die Durchführung
einer Mediation sowohl der Gemeinde als auch
einem Projektentwickler eine Chance, die zur
Umsetzung des geplanten Projektes führt.
Ein Gastbeitrag von
Ursula Grooterhorst,
Eversheds Sutherland (Germany) LLP,
Düsseldorf
chen Mediation ist, ist eine Kostenübernahme-
vereinbarung zwischen der Gemeinde und dem
Investor häufig interessengerecht. Dies gilt umso
mehr, als auch der Investor in der Regel Partei
der Mediation wird. Danach muss der Mediator
zusammen mit dem Initiator der Mediation ein
detailliertes Prozessdesign entwerfen, er nimmt
eine eingehende Analyse der Konfliktlandschaft
vor, er erarbeitet mit dem Initiator das Mediati-
onsziel. Dieses muss ein übergeordnetes Ziel
sein, dem schon zu Beginn der Mediation mög-
lichst alle Interessenvertreter zustimmen kön-
nen.
Die Einladung zur Mediation muss an alle durch
die beabsichtigte Planung Betroffenen gerichtet
sein. Die Betroffenen sind umfassend zu beteili-
gen, damit die Mediation nicht den Interessen ei-
niger weniger dient. Die Dialogkultur muss sich
aus einer Beteiligung der Bürger im Stadtraum
und aus einer digitalen Beteiligung zusammen-
setzen.
Vorgehensweise in der Mediation
Die Vorgehensweise in der Mediation ist bei ei-
ner hohen Anzahl betroffener Bürger nach ei-
nem Drei-Stufen-Modell aufzubauen, bestehend
aus einer Auftaktveranstaltung, der Bildung von
Arbeitsgruppen und der Arbeit in den Arbeits-
gruppen sowie der Bildung eines zentralen Gre-
miums, in dem die Mediation mit Vertretern der
Gemeinde, dem Investor, dem Projektentwickler
und den Vertretern der Arbeitsgruppen durchge-
führt wird. Dieser Dreiklang hat den Vorteil, dass
wirklich alle Betroffenen zu Gehör kommen und
mitdiskutieren können, dass aber gleichzeitig
durch die Einrichtung eines »zentralen Gremi-
ums« die Arbeitsfähigkeit im Kernteil der Media-
tion hergestellt wird. Denn dort werden alle
GERMAN COUNCIL . RECHT UND GESETZ
Ursula Grooterhorst
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