Page 23 - German Council Magazin 01.2019
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GERMAN COUNCIL . TRENDS




                                                                                 te des Megatrends New Work erschließen
        © monkeybusinessimages – istockphoto.com                                 sie das Innovationspotenzial, das aus der
                                                                                 Vernetzung des Verschiedenartigen ent-
                                                                                 steht. Mittlerweile hat allein WeWork, der
                                                                                 Platzhirsch unter den Co-Working-Space-An-
                                                                                 bietern, rund 270.000 Mitglieder weltweit
                                                                                 (vgl. Zoidl 2018). Neben den internationalen
                                                                                 Ketten gibt es unzählige kleinere Konzepte.
                                                                                 Auch Homeoffice-Gruppen sind schon in
                                                                                 rund 120 Städten präsent (vgl. Breit 2017).

                                                                                 Mobility

                                                                                 Sharing, also  Tauschen und  Teilen, ist das
                                                                                 Leitmotiv einer neuen Generation, die Eigen-
                                                                                 tum und Materielles nicht mehr als Le-
                                                                                 bensziel, sondern als Mittel zum Zweck be-
                                                                                 trachtet. Menschen mit diesem Mindset kon-
                                                                                 sumieren kollektiv und kollaborativ. Erlebnis-
                                                                                 se und Erfahrungen sind ihnen wichtiger als
                                                                                 Eigentum und Besitz. Sharing wird zur neuen
                                                                                 Kulturtechnik einer vernetzten  Gesellschaft.
                                                                                 Und zum  Funktionsprinzip  der Mobilität –
         Urban Gardening                                                         denn selbst der Besitzanspruch auf das eige-
                                                                                 ne Fahrzeug verändert sich langsam.

                                                                                 Gab es zur Jahrtausendwende deutschland-
         renzprinzip des Homo oeconomicus gilt als   lichen Zusammenlebens. Es hilft uns im Um-  weit gerade einmal 38.000 angemeldete Car-
         das bestimmende Paradigma der Evolution,   gang mit einer Wirklichkeit, deren Komplexi-  sharing-Nutzer, sind es heute weit über 2 Mil-
         sondern  die  menschliche  Kompetenz  zum   tät nur kollaborativ zu bewältigen ist.   lionen – und auch die Zahl der für Carsharing
         Kooperieren. Die Freude, etwas mit anderen                              angemeldeten  Fahrzeuge  hat  sich  seither
         zu teilen und gemeinsam zu tun, ist ein ge-  Working                    verzehnfacht (vgl. carsharing.de). Ebenso
         nuin menschliches Gefühl, sagt etwa Micha-                              boomen Mitfahrzentralen, Peer-to-Peer-Sha-
         el Tomasello, Direktor am Max-Planck-Insti-  Co-Working umfasst viel mehr als nur die   ring-Plattformen sowie urbane Bike-Sharing-
         tut für evolutionäre Anthropologie. Für ihn ist   räumliche Zusammenarbeit in coolen Ge-  Lösungen.
         der Mensch »das Tier, das wir sagt« (zitiert   meinschaftsbüros. Es geht auch um geisti-
         nach Mayer 2011). Tomasello zufolge entfal-  ge, soziale und kreative Verbindungen. Co-  Creation
         tet sich die menschliche Evolution durch   Working-Spaces sind Orte der Produktivität,
         eine zunehmende Kooperationskompetenz.   des Wissensaustausches, der Kreativität –   Konsumenten werden zu Produzenten, see-
         Die oberste Stufe bildet dabei die »geteilte   und der zufälligen und manchmal folgenrei-  lenlose Massenware verliert an Reiz gegen-
         Intentionalität«, die Fähigkeit, an kooperati-  chen Begegnungen. Als Kristallisationspunk-  über  Selbstgemachtem, Selbstgebautem,
         ven Aktivitäten teilzunehmen, die gemeinsa-
         me Absichten und Ziele voraussetzen. Das
         ist es, was die menschliche Kultur ermög-
         licht und ausmacht. Im 21. Jahrhundert
         lässt sich der Mensch deshalb nicht mehr
         als rational-egoistischer Homo oeconomic-
         us beschreiben. Er entwickelt sich weiter
         zum Homo socialis, der mit den Mitteln der
         Kollaboration  und Kooperation nach Sinn,                                                                  © Tempura / PierreOlivierClementMantion – istockphoto.com
         Emotionalität und Innovation sucht. Das
         Comeback der Kooperation – ob in vernetz-
         ten Arbeitsteams, alternativen Wohnformen,
         flexiblen Mobilitätskonzepten oder lokalen
         Nachbarschaftsprojekten – lenkt unseren
         Blick auf das, was den Menschen im Kern
         ausmacht, und auf die Zukunft des mensch-  Bike-Sharing                 Car-Sharing

                                                                                                        GCM 1 / 2019 21
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