Page 6 - German Council Magazin 03.2019
P. 6
GERMAN COUNCIL . TRANSFORMATION
»Nichts ist beständiger Zeit. Und seither ist alles in stetigem Wandel.
Sonnen und Planeten werden geformt. Le-
als die Unbeständigkeit« ben entsteht und vergeht.
169 Millionen Jahre lang – vom Trias bis zum
Ende der Kreidezeit vor 66 Millionen Jahren –
Die Geschichte ist ein Prozess fortlaufenden Wandels. dominieren die Saurier die Geschehnisse auf
Die stetige Transformation hat den Menschen aus der Savanne diesem Planeten. Gewaltige Landwirbeltiere,
Afrikas erst über den Globus geführt und ihn schließlich Maschinen die bis zu 30 Tonnen auf die Waage bringen
und bis zu 36 Meter in die Höhe ragen. Min-
mit Künstlicher Intelligenz schaffen lassen: eine Erfindung, die den destens 3.400 verschiedene Gattungen exis-
Beginn einer neuen Ära markiert und weitere massive tieren, das zeigen Ausgrabungen.
Veränderungen mit sich bringen wird
Pflanzen sterben, Dinosaurier
verhungern
Dann, plötzlich, endet ihre Ära im großen
Herrschen Tyrannen, werden sie irgendwann die Geschichte der Menschheit, ja auf das Massensterben. Was den Giganten den Gar-
durch freiheitsliebende Bürger gestürzt; er- Leben an sich. Nichts ist stetig, alles ist in aus macht, finden der US-amerikanische
matten diese selbstzufrieden in der Verteidi- Bewegung, lautet sein Kerngedanke, den er Physiker und Nobelpreisträger Luis Walter
gung ihrer Rechte und Gesetze, kehren die in einer Metapher verdeutlicht: »Niemand Alvarez und sein Sohn, der Geologe Walter
Diktatoren zurück – Heraklit von Ephesos ist kann zweimal in denselben Fluss steigen« – Alvarez, erst 1980 heraus. Sie analysieren
einer der ganz großen Denker in den griechi- denn in jeder neuen Sekunde strömen ande- Gesteinsproben aus der letzten Phase der
schen Stadtstaaten des fünften Jahrhun- re Wassermoleküle vorüber. Kreidezeit. In allen Proben entdecken sie ei-
derts vor Christus. Was er dereinst zu Perga- nen anomal hohen Anteil von Iridium – ei-
ment bringt, wird von seinen Zeitgenossen Der Wandel als prägendes Element nem Edelmetall, das auf der Erde weit selte-
für so wichtig erachtet, dass sie es in dem der jeglicher Existenz ner ist als Gold oder Platin und nur an weni-
Göttin Artemis geweihten Tempel ihrer Stadt gen Orten in nennenswertem Umfang vor-
an der Westküste der heutigen Türkei hinterle- Der Wandel – lateinisch »transformatio« von kommt, jedoch auf Asteroiden zu finden ist.
gen. Seine wichtigste Erkenntnis hat der Wei- »transformare« für umformen – ist das prä- Das geballte Aufkommen des Edelmetalls
se in nur sieben Worten zusammengefasst: gende Element jeglicher Existenz. Im Urknall im Gestein einer kurzen Erdzeitepoche lässt
»Nichts ist so beständig wie der Wandel.« vor 13,8 Milliarden Jahren, das zeigen die für das Forscherduo nur einen Schluss zu:
Forschungserkenntnisse der großen Astro- Ein gewaltiger Meteorit muss damals die
Es ist ein Satz, den der 475 vor Christus im physiker wie Arnold Allan Penzias, Rainer K. Erde getroffen haben. Der Aufschlag ist so
Alter von 60 Jahren verstorbene Philosoph Sachs und Arthur Wolfe, entstehen im sel- mächtig, dass rund um den Globus Vulkane
nicht nur auf die Politik bezieht, sondern auf ben Sekundenbruchteil Materie, Raum und eruptieren. Ihr Ascheregen verdunkelt für
Jahrzehnte die Sonne und lässt die Pflanzen
sterben und die Dinosaurier verhungern.
Elf Jahre nach der sensationellen Entde-
© Persio~commonswiki – commons.wikimedia.org te der Halbinsel Yucatán in Mexiko durch
ckung der Forscher, 1991, wird vor der Küs-
Messungen magnetischer Anomalien der
Einschlagkrater gefunden, der die These von
Vater und Sohn Alvarez endgültig bestätigt.
180 Kilometer misst sein Durchmesser,
zehn Kilometer seine Tiefe. Auf mindestens
neun Kilometer schätzen Wissenschaftler
den Durchmesser des tödlichen Geschos-
ses aus dem All.
Das Ende der Saurier legt den ersten Baustein
für die Menschheit. Millionen Jahre dauert es,
bis nach dem Aufprall wieder größere Le-
bensformen entstehen. Die Ära der Säugetie-
re beginnt. Der Homo sapiens – lateinisch
Heraklit von Ephesos: Ölgemälde von Johannes Paulus Moreelse (um 1630), Zentralmuseum Utrecht, Niederlande »der verständige, vernünftige Mensch« – ent-
4 GCM 3 / 2019