Page 37 - German Council Magazin 04.2019
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GERMAN COUNCIL . MOBILITÄT
© rockete – pixabay.com ren. Das ist nicht billig. »Mittlerweile zahlen
Logistiker in der Stadt ähnliche Mietpreise wie
für einfache Büroflächen in Stadtrandlage«,
sagt Kunz. »Das könnte in einigen Fällen dazu
führen, dass Logistik zukünftig in Konkurrenz
zur Büronutzung steht, oder die Mischnut-
zung von Büro- und Logistikflächen in Multi-
User-Konzepten an Bedeutung gewinnt.«
Optimal seien aber auch die Paketstationen
nicht, sagt Immobilienökonom Vornholz. »Sie
lösen das Retourenproblem nicht.« Kunden
müssten weiterhin Rücksendungen zu den Fi-
lialen der Logistikdienstleister bringen. »Ideal
wäre es, wenn Konsumenten bestellte Pakete
bei einem Einzelhandelsgeschäft in nächster
Nähe am Abend abholen und etwaige Rück-
sendungen dort am nächsten Morgen abge-
ben könnten«, sagt Vornholz. »Die Ladenbe-
Der »Fleet« in Buxtehude ist eine kleine Bummelmeile und noch nicht verkehrsberuhigt treiber könnten so durch Beiverkäufe zusätzli-
che Umsätze generieren und die Einkaufs-In-
frastruktur in den Wohngebieten gestärkt wer-
Bahn und E-Bike unterwegs ist. Doch bei Politi- führt das jährlich zu 286 Millionen Rücksen- den.« Darauf setzt auch seit einigen Jahren
kern und einer wachsenden Zahl von Wählern dungen. »Aneinandergereiht würden diese Re- die Bauplanung in der Schweiz. Damit keine
sind Rufe nach einem Fahrzeugverbot derzeit touren bei einer angenommenen Kantenlänge reinen Schlafquartiere entstehen, muss in
äußerst populär. »Ich bin vehement für autofreie von 40 Zentimetern 2,9-mal um den Äquator neuen Mehrfamilienhäusern das gesamte
Innenstädte«, sagt die Grünen-Bundestagsab- reichen«, hat der Branchen-Nachrichtendienst Erdgeschoss an sogenannte kommerzielle
geordnete Kirsten Kappert-Gonther im Inter- Internet World Business errechnet. Nutzer vermietet werden: Ladengeschäfte,
view mit der Tageszeitung taz. Cafés oder Arztpraxen.
Retourenproblem bliebt ungelöst
Gleichzeitig bemühen sich der Handel und an- Die Belieferung der E-Commerce-Kunden
dere Unternehmen bereits seit Jahren, zur Re- Das Kernproblem: Die wenigsten Unternehmen biete auch »eine große Chance für Shopping
duktion von Abgasen beizutragen, indem sie erlauben ihren Mitarbeitern, Pakete an den Ar- Center«, sagt Wilhelm Wellner, Vorstands-
die Elektro-Mobilität nach Kräften unterstüt- beitsplatz liefern zu lassen. Das führt dazu, dass sprecher des börsennotierten Einkaufscen-
zen. »Wir kommen beim Ausbau der Ladeinf- viele Kunden nach Dienstschluss Abholstatio- ter-Investors Deutsche Euroshop. »Shopping
rastruktur gut voran und haben aktuell rund nen aufsuchen, um die be- Center sind nicht nur le-
300 E-Ladestationen an 58 Standorten instal- stellten Waren in Empfang bendige Marktplätze, son-
liert«, sagt Lukas Nemela, Sprecher des Shop- zu nehmen – und häufig ›Aneinandergereiht dern auch innerstädtische
ping-Center-Betreibers und -entwicklers ECE am nächsten Tag dorthin würden die weltweiten Logistik-Knotenpunkte –
Projektmanagement. Ebenso platzieren Ener- zurückkehren, um missliebi- gut gelegen zur Abholung
gieversorger und Stadtwerke immer mehr La- ge Produkte zurückzuschi- Retouren bei einer ange- von Bestellungen und ein
desäulen für Elektrofahrzeuge auf Parkplätzen cken. E-Commerce-Anbieter nommenen Kantenlänge idealer Startpunkt für die
von Einkaufs- und Fachmarktzentren, vor und Zustelldienste suchen letzte Meile.« 60 Prozent
Krankenhäusern und in Tiefgaragen. händeringend nach Lösun- von 40 Zentimetern 2,9-mal aller in Deutschland le-
gen. Peter Kunz, Leiter In- um den Äquator reichen.‹ benden Menschen wohn-
Für erheblichen Verkehr sorgt auch der Online- dustrial & Logistik Europa ten nicht weiter als 30
Handel. Dessen Anteil am Gesamtmarkt be- beim Immobiliendienstleis- Autominuten von einem
trägt in Deutschland und den USA aktuell zwar ter Colliers International, sagt: »Die Logistik- Center entfernt, sagt Wellner. Deshalb könn-
nicht einmal zwölf Prozent und soll nach einer unternehmen stehen vor großen Herausforde- ten aus den Centern per Internet bestellte
Prognose der Forscher von ibi research der rungen bei der letzten Meile« – der Endausliefe- Waren noch am selben Tag »mit E-Mobilen
Universität Regensburg hierzulande bis 2024 rung der Bestellungen an die Kunden. und teilweise sogar per Rad abgeholt wer-
auf lediglich 15 Prozent steigen. Allerdings den«.
sendet mehr als jeder zweite Kunde ein erhal- Die derzeit von der Branche favorisierte Vari-
tenes Paket wieder zurück, weil bestellte Arti- ante sind Paketstationen in Wohngebieten, in
kel nicht den Erwartungen entsprechen, hat denen die Zusteller die Pakete für den Endkun- Ein Beitrag von
der Münchener Versandsoftware-Spezialist den hinterlassen. Beliefert werden sollen sie Hubertus Siegfried,
Parcellab in einer Studie ermittelt. Weltweit aus kleineren innerstädtischen Verteilerzent- freier Journalist
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