Page 10 - German Council Magazin 03.2024
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GERMAN COUNCIL . DISKURS
Hand in Hand gehen, dürfte die Spreizung des Kaufkraftpo- Centern – immerhin 40 Prozent der analysierten Objekte –
tenzials der Center vermutlich sogar noch größer ausfallen, besteht akuter Handlungsbedarf, da ohne das Ergreifen ge-
als es die Bevölkerungsprognose nahelegt. eigneter Maßnahmen diese Objekte in einen klaren Trading-
Down-Prozess geraten können“, folgert Timm Jehne.
UMDENKEN BEIM MIETERMIX
SHOPPING CENTER NEU ERFINDEN
Anders als bei heterogenen Verhältnissen in punkto Leer-
stand und der Bevölkerungsprognose, sind sich Shopping Weit weniger akut ist der Handlungsbedarf für die Center
Center im Branchenmix recht ähnlich. In den meisten Malls im Watchlist-Cluster, das gut ein Drittel der untersuchten
besetzen jene Branchen einen großen Flächenanteil, die in Shopping Center ausmacht. Alle diese Objekte weisen aktu-
den letzten Jahren im stationären Geschäft rückläufige Um- ell einen vergleichsweise niedrigen Leerstand um zehn Pro-
sätze zu verzeichnen hatten, darunter der Mode- und Elek- zent auf, der allerdings entweder aufgrund schrumpfender
tro einzelhandel. Dies bedeutet laut Studie jedoch nicht Bevölkerung im Einzugsgebiet oder wegen eines ungünsti-
zwangsläufig, dass jeder Händler aus diesen Branchen nach- gen Branchenmixes zu steigen droht – bei den meisten Cen-
teilig ist – indes erweist sich das Segment als insgesamt we- tern ist sogar beides der Fall. „Insofern ist es ratsam, die
niger resilient gegen den Online-Handel. In lediglich sieben Entwicklung dieser Center aufmerksam zu beobachten, um
Prozent aller Center stellen diese Läden weniger als ein Vier- einem steigenden Leerstand rechtzeitig entgegenwirken zu
tel aller Geschäfte dar. Am anderen Ende des Spektrums be- können. Handlungsbedarf kann aber auch schon bei niedri-
findet sich jenes Drittel der Center, bei denen die Segmente geren Leerstandsraten beziehungsweise dem Status quo be-
mit rückläufigen Umsätzen mehr als die Hälfte der Geschäf- stehen. Welche konkreten Maßnahmen geeignet sind, um
te belegen – ein Risikofaktor für den Fortbestand. Die ver- ein Center dieses Clusters zu stabilisieren, kann erst eine tief
bleibenden knapp zwei Drittel weisen einen mäßig resilien- gehende Analyse des einzelnen Objekts und seiner Rahmen-
ten Branchenmix auf, bei dem der Anteil der vulnerablen bedingungen zutage fördern“, betont Lars Jähnichen. „Klar
Segmente zwischen 25 und 50 Prozent liegt. ist im Vorfeld nur, dass manche dieser Center früher oder
später zu Reimagine-Kandidaten werden. Das gilt vor allem
VON CASHCOWS BIS REIMAGINE für jene Objekte mit stark schrumpfender Bevölkerung im
Einzugsgebiet. Andere Center dieses Clusters werden sich
Um noch weiter zu differenzieren, haben die Experten drei mit den richtigen Maßnahmen wiederum zu Cashcows
Cluster plakativ mit „Cashcows“, „Watchlist“ und „Reima- transformieren lassen.“
gine“ betitelt. Zu den Cashcows zählen sämtliche Center,
die einen niedrigen Leerstand bei günstiger Bevölkerungs- DIFFERENZIEREN STATT PAUSCHALISIEREN
prognose aufweisen, sowie jene Objekte mit niedrigem
Leerstand, stabiler Bevölkerung und resilientem Branchen- Während das Main-Taunus-Zentrum sein 60-jähriges Beste-
mix. Diese Bedingungen erfüllt ein Viertel aller Center. Kurz hen feiert, wird mit dem Westfield Hamburg-Überseequar-
gesagt, sie befinden sich in einer starken Position mit über- tier bald ein anderes Shopping Center eröffnet. „Es dürfte
wiegend günstiger Perspektive. Ein gänzlich anderer Typ eines der letzten seiner Art sein, zumal in dieser Dimensi-
von Investor ist für jene Center im Cluster „Reimagine“ – in on“, ziehen die Studienautoren Bilanz. „Die deutsche Shop-
Anlehnung ans europäische Programm „RE:IMAGINING ping-Center-Landschaft ist längst kein Wachstumssektor
Retail“, in dem Savills gemeinsam mit mehreren Partnern mehr, sondern ein gesättigter Markt. Und in einem solchen
bereits seit vielen Jahren die Repositionierungs- und Um- Umfeld werden viele Center den Tag ihres 60-jährigen Jubi-
widmungsoptionen für nicht mehr funktionierende Einzel- läums nicht feiern können. Diese Erkenntnis ist nicht neu,
handelsobjekte auslotet. Denn vor genau dieser Herausfor- ausgesprochen wird sie dennoch selten. Falsch wäre es aber
derung stehen auch die Center in diesem Cluster: Sie weisen eben auch, den Abgesang auf die ganze Branche anzustim-
bereits heute eine Leerstandsrate von mindestens zehn Pro- men. In einem gesättigten Markt trennt sich lediglich die
zent auf, und in den meisten Fällen dürfte sich der Leerstand Spreu vom Weizen, und gerade das erfordert einen differen-
aufgrund ungünstiger Bevölkerungsprognose und/oder ei- zierten Blick, kein pauschales Urteil.“
nes wenig resilienten Branchenmixes perspektivisch noch
erhöhen. Im Kern dürfte es für diese Center um eine von
zwei Handlungsoptionen gehen: Repositionierung oder
Umwidmung, beispielsweise unter Einbeziehung von Arzt-
praxen, Coworking-Spaces und Fitnessstudio. „Bei diesen
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